Körpertherapie
Steffen Arndt

“Vermeiden Sie Stress!”

Ein guter Ratschlag?

Oft lese ich, Stress sei ungesund. Dann folgt noch der Hinweis „Vermeiden Sie Stress!“ Mich irritiert das. Zum einen finde ich es schwierig Stress zu vermeiden, zum anderen glaube ich nicht, dass dieser Tipp uns hilft zufriedener oder gesünder zu werden.

Dazu gibt es eine Untersuchung von Abiola Keller et al. “Does the perception that stress affects health matter? The association with health and mortality” Health Psychology, September 2012 (in etwa: “Ist die Wahrnehmung, dass Stress die Gesundheit beeinflusst von Bedeutung für die Gesundheit?”)

30.000 US-Amerikaner*innen wurden 1998 zu ihren Stresslevel befragt und ihre Sterblichkeit in den nächsten 8 Jahren überprüft. Ergebnis: Die sterben eher, die glauben Stress ist ungesund. Die die viel Stress hatten und nicht glaubten Stress ist ungesund, lebten am längsten! Auch länger als jene die wenig Stress hatten. Stress wäre also gesund, wenn die Haltung zu Stress nicht ablehnend ist. Mein erster Gedanke war, ist das eine kulturelle Frage oder ist das auch auf Europa übertragbar?

Zu dem Ergebniss der Untersuchung wurde eine Studie durchgeführt. Die Fragestellung war, wenn sich die Einstellung zu Stress ändert, ändert sich auch die körperliche Reaktion auf Stress?

Die Teilnehmer*innen wurden aufgeklärt, dass bei sozialem Stress wahrscheinlich einige körperlichen Reaktionen auftreten werden. Die Atmung wird schneller, das Herz schlägt kräftiger, vielleicht würden sie schwitzen. Anstatt das als Symptome von Angst zu werten, wurde ihnen erklärt, dass ihr Körper voller Energie ist. Es steht mehr Sauerstoff zur Verfügung, sie sind wacher, aufmerksamer und auf eine Aktion vorbereitet. Die Probanden die lernten, dass ihre körperliche Reaktion auf Stress ihnen hilft, waren zuversichtlicher und weniger gestresst.

Beeindruckender Weise gab es noch einen zweiten Effekt; die körperliche Reaktion selber veränderte sich. Die Blutgefäße blieben entspannter, das Herz pumpte weiterhin stark, aber auf gesündere Weise, weil die Adern weniger Widerstand leisten. Es kommt zu Anpassung und Wachstum des Herz-Kreislaufsystems, ähnlich wie wir es schon lange von Bewegung und Sport kennen.

Wenn wir uns klar machen können, dass unser Körper auf Stress reagieren darf und auch sollte, wird die körperliche Stressreaktion gesünder. Ich glaube, diese Schlussfolgerung ist universell, nicht nur für Amerikaner*innen richtig.

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